Kinder, Birgit (TEST THE BEST)

TEST THE BEST zwischen Rodolfo Ricàlo (links: VORSICHT) und Margaret Hunter & Peter Russel (rechts: Ohne Titel).
Foto: © Ralf Gründer (26.08.1997)

Birgit Kinder

„Der Trabi steht als Symbol für den Osten mit seinen Ecken und Kanten, eng und ewig grauer Geborgenheit, wenig technischer Fortschritt und stinkend laut. Komplett aus Plastik bestehend, bot er wenig Fahrkomfort und Sicherheit“.

Die Mauer war ein militärisches Bollwerk der Teilung Berlins, Deutschlands, Europas und der Welt.

Nun knallt dieser instabile kleine Trabi durch diese dicke Mauer, mit dem Drang zur Freiheit!!! Jedoch der Trabi ist in keinster Weise beschädigt – nicht mal der Spiegel ist ab. Das ist meine Metapher für die „FRIEDLICHE REVOLUTION“ – kein Blutbad, kein Krieg!!! Stattdessen tanzende Menschen zwischen Brandenburger Tor und Reichstag. Nur durch das Bemalen der Künstler aus aller Welt ist die Mauer nun eine Begegnungsstätte der Menschen aus Berlin, aus Deutschland, aus Europa und der ganzen Welt geworden. Wir Künstler haben erreicht, dass sich die ganze Welt friedlich an der ESG zum Dialog trifft. Nur durch unsere Bilder ist das Zeugnis der Teilung in einer Gesamtheit fast noch komplett erhalten.

Der Titel „TEST THE BEST“ ist beispielgebend für die vielen Trabis, die unmittelbar nach dem Mauerfall mal eben rüber gefahren sind, um den Westen auf das Beste zu testen, um dann aber getrost wieder nach Hause fahren zu können. Viele Ostdeutsche haben sich trotz des Mangels ein schönes Zuhause geschaffen, was sie nicht aufgeben wollten.

Birgit Kinder beim Restaurieren ihres Wandbildes. Foto: © Ralf Gründer (19.09.1998)

Warum habe ich 2009 wieder den Trabi gemalt?

Birgit Kinder: Die ESG steht unter Denkmalschutz und muss daher als solche erhalten bleiben. Sie muss sich ihre Authentizität bewahren, damit der Denkmalschutz nicht verloren geht. Jedoch ist es den Künstlern gestattet, aktuellen Zeitgeist mit einfließen zu lassen. Der malerische Duktus und der Malstil der Künstler haben sich ja auch im Laufe der Zeit geändert. Und die Zeit tut ihr Übriges“.

Ohne die Restaurierungen wäre keine originale Arbeit mehr an der East Side Gallery zu sehen. Da die Bilder nicht zu schützen sind, werden die denkmalsgeschützen Bilder immer wieder neu entstehen müssen.

TEST THE BEST. Foto: © Ralf Gründer (15.04.2006)

Während die Graffiti das Bild immer noch erkennen lassen, sogar den Eindruck höher Filigranität hervorrufen, hat ein großflächig arbeitender Writer Birgit Kinders Arbeit in Angriff genohmen. Jetzt ist es nur eine eine Frage der Zeit, bis andere „Künstler“ kommen, um dem Trabanten den finalen Todesstoß zu versetzen.

Birgit Kinder: „Der Titel „TEST THE REST“ ist neu und beispielgebend für die heutige Zeit. Der Osten und der Westen haben sich in fast allen Lebensformen derart angeglichen, dass es nicht mehr nötig ist, im Westen das Beste zu testen. Mittlerweile ist es überall gleich schön.

In Berlin verschwindet leider immer mehr originale Mauer. Aber gerade wegen der Mauer kommen viele Touristen nach Berlin. Nur in einer Gesamtheit wie an der ESG lässt sich dieser gigantische Unsinn verdeutlichen. Hier wird symbolisch auf einer langen Straße der freie Blick zur Spree durch die Mauer verwehrt. Nur so kann der nachfolgenden Generation vermittelt werden, was TEILUNG heißt!!! Mit einem entfremdeten Mauersegment, was irgendwo als Garten- oder Foyerplastik fungiert, lässt sich das nicht mehr vermitteln, NEIN im Gegenteil – es verharmlost diese Angelegenheit. Auch unsere ESG wird vielleicht einmal bröckeln, weil sich vielleicht die Interessen der Bauherren dieser Stadt durchsetzen werden. Deshalb habe ich den neuen Titel gewählt, damit die Touristen den noch vorhandenen gesamten Rest unserer ESG testen können“.

Die Künstlerin nahm an der Mauerrettungsaktion zusammen mit Lisa Brown, Ute Donner, Wee Flowers, Kiddy Citny u. a. am Potsdamer Platz (Erich Stahnke) teil und malte dort ebenfalls einen Trabanten, dieser durchbrach auch – wie an der East Side Gallery – die ehemalige Hinterlandmauer, da dieses Bild aber aus westlicher Richtung betrachtet wird, zeigt das Bild vom DDR-Kultauto das Plastikhinterteil.

Diese Mauerbilder können noch heute im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Stresemannstraße 128-30), Ecke Erna-Berger-Straße gesehen werden. Jetzt stehen die Segmente der ehemaligen Hinterlandmauer allerdings hinter Glas und machen einen museal-toten Eindruck.

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